Ein Interview mit unserem Schleswig-Holsteinischen Rhönradweltmeister Marcel Schawo

Marcel Schawo, Rhönradweltmeister aus Schleswig-Holstein und Ensemblemitglied der Connected Tournee 2019 des Feuerwerk der Turnkunst traf sich mit THiN Redakteur Oliver Neumann zum Interview.

Hallo Marcel, erzähl mal: Wie bist Du zum Rhönradturnen gekommen und was begeistert Dich so daran?

Ich habe im Alter von sechs Jahren mit dem Kunstturnen begonnen und dies 10 Jahre weiter betrieben. Für eine leistungsorientierte Karriere hat es hier jedoch leider nie ausgereicht, da ich unter anderem mit einer Körpergröße von 1,85 m nicht die idealen Voraussetzungen mitbrachte. Ich bin aus Spaß, mal etwas Neues auszuprobieren, mit einer Freundin vom Turnen zum Rhönrad gefahren und habe es einfach ausprobiert. Durch meine turnerischen Kenntnisse hatte ich das Glück sehr schnell große Fortschritte machen zu können und dann hat mich das Rhönrad in seinen Bann gezogen. Es ist beim Rhönrad die Abwechslung durch die unterschiedlichen Disziplinen, die es so faszinierend und spannend machen. Zusätzlich ist es wie beim Kunstturnen immer ein schönes Gefühl ein neues Element, auf welches man lange hin trainiert, das erste Mal alleine zu schaffen.
Somit kann man immer und immer wieder über sich heraus wachsen, körperlich sowie mental.

Du bist 2016 Weltmeister geworden. Eine unglaubliche Leistung! War das schon immer ein Ziel oder hat es sich mit der Zeit entwickelt?

Das Ziel, Weltmeister zu werden, hat sich definitiv erst nach und nach herauskristallisiert. Zu Beginn waren es die kleinen Ziele, wie den nationalen Wettkampf in der niedrigeren Leistungsklasse zu gewinnen, später mal einen deutschen Meistertitel zu erreichen, bis hin zu einem Platz auf dem Treppchen bei der Weltmeisterschaft, was mir 2013 gelang. Bis zur Weltmeisterschaft 2015 hatte ich den Weltmeistertitel nie wirklich präsent vor Augen. Als ich in Italien jedoch im Mehrkampf mit dem geringsten Abstand von 0,05 Punkten, der bei uns im Wertungssystem möglich ist, Zweiter wurde, wurde mir erstmals bewusst, dass ich überhaupt in der Lage wäre, Weltmeister zu werden. In Italien gelang mir der Sprung ganz nach oben bereits mit dem Team, wodurch ich die nötige Motivation und den Ehrgeiz entwickelte bis 2016 alles zu geben.

In Eurem Weltmeister-Team von 2015 war auch Deine Vereinskollegin Yana Knapp, die ebenfalls Weltmeisterin geworden ist. Dieses Erfolgserlebnis mit jemandem aus demselben Verein zu teilen, ist schon etwas Besonders.

Auf jeden Fall ist es unvergesslich mit Yana zusammen zwei Weltmeisterschaften geturnt zu haben. Wir haben seit 2011 zusammen trainiert, uns gegenseitig motiviert und national alles zusammen gemacht. Dass wir dann 2015 gemeinsam den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft haben, war wundervoll. Ich habe während der Weltmeisterschaften 2015 und 2016 gemerkt, dass es nochmal viel Kraft gibt, jemanden an der Seite zu haben, der den gesamten Weg mitgegangen ist. Wir konnten während der Wettkämpfe den anderen nochmal ganz anders anfeuern.

Die Teilnahme an Europas erfolgreichster Turnshow ist sicherlich ebenfalls ein großartiges Erlebnis. Wie kam es dazu?

Beim Feuerwerk der Turnkunst dabei zu sein, war für mich schon immer ein Traum, da ich seit ich im Turnverein angefangen habe, die Show fast jedes Jahr angeschaut habe. Ich habe bereits kleinere Turnshows im südlichen Teil Deutschlands als Rhönradturner mitmachen können und bei einer dieser Shows der STB Turngala 2016/2017 in Baden-Württemberg hat mich der Geschäftsführer der Turn- und Sportfördergesellschaft Wolfram Wehr-Reinhold entdeckt. Er hat mich direkt mit der Regisseurin des Feuerwerks Heidi Aguilar bekannt gemacht. Ich konnte die Beiden mit meinem Können überzeugen, wodurch ich dann für die Connected Tournee angefragt wurde.

Also ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Toll! Wie fühlt man sich während solch einer Veranstaltung im Vergleich zu einer Weltmeisterschaft? Ist das überhaupt vergleichbar?

Vergleichen kann man die beiden Events nicht. Der größte Unterschied ist eigentlich das Publikum. Bei den Weltmeisterschaften haben wir immer nur sehr wenige Zuschauer, was beim Feuerwerk ganz anders ausfällt. Bei einer Show geht man auf die Fläche, um die Personen zu begeistern und bei Wettkämpfen geht man auf die Fläche, um besonders perfekt den Kampfrichtern die Übungen zu zeigen. In Shows kann man die unterschiedlichen Disziplinen verbinden ohne Regeln beachten zu müssen und sein Können präsentieren. Dies geht im Wettkampf natürlich nicht, denn hier gibt es bestimmte Pflichtelemente, die gezeigt und Regeln die eingehalten werden müssen.

Foto: minkusimages

Auch wenn Du in Showvorführungen etwas freier in der Durchführung bist, ist es wahrscheinlich nicht gerade einfacher, oder? Gerade das Feuerwerk der Turnkunst besteht ja nicht nur aus einer Veranstaltung, sondern umfasste dieses Mal insgesamt 34 Vorstellungen in 21 Städten innerhalb von etwa einem Monat. Ein wirklich straffer Zeitplan.

Beim Feuerwerk der Turnkunst hatte ich das erste Mal noch Tänzer mit auf der Fläche. In den vorherigen Shows war ich immer alleine mit meinem Rhönrad auf der Bühne und musste nicht aufpassen, wo ich hin rolle. Es ist dementsprechend eine Herausforderung gewesen, aber wir haben uns alle im Laufe der Tour angefreundet und die Nummer hat von Aufführung zu Aufführung immer mehr Spaß gemacht. Die 34 Vorstellungen in knapp fünf Wochen sind natürlich anstrengend. Jedoch sind im Team Physiotherapeuten und ein Arzt mit an Bord gewesen. Die haben uns, wenn der Körper erschöpft war, die eine oder andere Stelle im Körper wehtat, perfekt behandelt, sodass wir jeden Tag 100 Prozent geben konnten.

Hast Du noch bestimmte Ziele für die Zukunft, seien sie sportlicher oder nicht-sportlicher Natur, vor Augen?

Ich habe meine internationale Karriere im Rhönradturnen nach einer schweren Verletzung 2017 beendet. Danach habe ich angefangen mich auf meine berufliche Laufbahn zu konzentrieren, da ich mein Studium 2017 auch abgeschlossen habe. National starte ich noch mit meinem Team vom SV Rugenbergen zusammen bei Vereins- und Mannschaftswettkämpfen. Neben dem Beruf möchte ich trotzdem dem Rhönrad weiterhin treu bleiben und mich als Trainer engagieren. Ich bin hier bereits seit einigen Jahren als Trainer von einer leistungsorientierten Nachwuchsgruppe beim TSV Bayer 04 Leverkusen tätig. Hier wünsche ich mir natürlich, dass ich die Kinder und Jugendlichen soweit vorbereiten kann, dass sie selber den Sprung zu einer Weltmeisterschaft schaffen können.

Dabei wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg, ebenso wie für das Berufliche. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast!